Liebe Mitglieder des Pfarrvereins,
liebe Leserinnen und Leser,
jede Kirche hat ihr besonderes Kennzeichen, das sie unterscheidbar macht. Das Kennzeichen unserer Kirche ist zweifellos die evangelische Freiheit. Sie ist der Grund, warum es eine evangelische Kirche gibt und ohne sie gäbe es sie nicht. Dass zu ihr die Bereitschaft gehört, Verantwortung zu übernehmen und Rechenschaft abzulegen, das ist im Begriff der Freiheit mitgesetzt – Luther nannte das „Dienstbarkeit“ und Bon-hoeffer sprach von Mündigkeit.
Wie es in unserer Kirche um die Freiheit tatsächlich bestellt ist, will ich hier nicht beurteilen. Das schätzen Sie selbst ein. Woran aber kein Zweifel besteht: Die Zukunft der evangelischen Kirche steht und fällt mit der tatsächlichen Verwirklichung von Freiheit. Sie gliedert sich in die „Freiheit eines Christenmenschen“, die Freiheit der Versammlung der Christinnen und Christen vor Ort und schließlich in die Freiheit des Pfarramtes. Gerade sie ist der Grund, warum es – und das schon seit über hundert Jahren – Pfarrvereine gibt, denn die Realisierung der Freiheit des Pfarramtes versteht sich keineswegs von selbst. Es ist ebenso sehr sinnvoll, dass sich die Repräsentation unseres Berufsstandes auf zwei voneinander unabhängigen Säulen stützt, Vertretung und Verein. Was die Pfarrvertretung leistet, genießt große Wertschätzung. Dass sie sich intensiv um den Alltag des Pfarrdienstes, um die Rechtslage und um den Einzelfall kümmert, dass sie im ständigen Gespräch mit der Landeskirche ist, gibt uns die Möglichkeit, tiefer zu graben, weiter auszuholen und Selbstverständnis und Selbstbewusstsein der Pfarrerinnen und Pfarrer in den Blick zu nehmen. Das ist auch bitter nötig, denn wir nehmen, was die Entwicklung unseres Berufsbildes betrifft, eine große Verunsicherung wahr. Damit stehen wir vor großen Herausforderungen, aber wir sind entschlossen, sie anzugehen. Hinzu kommt, dass der Vorstand des Vereins auf einen Generationenwechsel zugeht – aber es zeichnet sich noch nicht ab, wie dieser aussehen könnte.
Das ist der Grund, dass wir uns einige Maßnahmen vorgenommen haben oder diese vorschlagen wollen.
Zum Ersten haben wir den „Info-Brief“ in „Rheinisches Pfarrerinnen- und Pfarrerblatt“ umbenannt. Das soll als Signal verstanden werden, dass wir das Engagement im Pfarrverein selbstbewusst angehen und wir den Pfarrverein als Stimme der Pfarrerinnen und Pfarrer in Kirche und Öffentlichkeit verstehen. Wir denken darüber nach, ob dessen Herausgabe als Printmedium noch zeitgemäß ist, konnten uns aber davon noch nicht verabschieden und auch die anderen deutschen Pfarrvereine haben ihre gedruckte Ausgabe noch nicht aufgegeben. Wie es hier langfristig weitergehen, wird sich zeigen. Auf unsere Webseite pfarrverein-rheinland.de, auf der die Inhalte des gedruckten Heftes ebenfalls erscheinen, sei hier ebenfalls hingewiesen
Zum Zweiten planen wir für die Mitte nächsten Jahres einen gut vorbereiteten Werkstatt-Tag, auf dem wir feststellen wollen, welche Perspektiven für den Pfarrdienst im Allgemein erkennbar sind und welche wir darauf im Pfarrverein entwickeln und festhalten wollen. Wir werden Antworten auf diese Fragen erarbeiten: (1) Wie hat sich das Pfarramt in den letzten Jahren entwickelt? (2) Sind die gegenwärtigen Pastoraltheologien brauchbar? (3) Was ist für das Pfarramt nötig? (4) Welche Ziele setzen wir uns als Pfarrverein? (5) Wer übernimmt im Pfarrvereinsvorstand Verantwortung ? (6) Wie sieht die Öffentlichkeitsarbeit des Pfarrvereins aus?
Zum Dritten planen wir eine behutsame Satzungsänderung, die als Anpassung an die tatsächlich gegebenen Verhältnisse zu verstehen ist. In einem ersten Meinungsbild hat die Mitgliederversammlung mit großer Mehrheit Zustimmung signalisiert. Die Satzung ist mit den geplanten Veränderungen auf Seite 13 abgedruckt.
Und zum Vierten prüfen wir derzeit, ob ein eine weitere Mitgliedschaft des Pfarrvereins im Pfarrverband auf Dauer sinnvoll ist, zumal diese mit einem erheblichen finanziellen Beitrag verbunden ist. Sollte es irgendwann zu einem Pfarrvertretungsgesetz auf EKD-Ebene kommen, werden die Dinge sich ohnehin ändern, aber schon jetzt ist erkennbar, dass das Miteinander von Pfarrvereinen und Pfarrvertretungen auf Verbandsebene inzwischen Fragen aufwirft. Friedhelm Maurer ist in seinem Bericht auf die Problematik eingegangen und wir werden das gründlich und in aller Ruhe prüfen. Es wird dann die Mitgliederversammlung sein, die darüber zu entscheiden hat

Wenn Sie dieses Heft des – jetzt – Rheinischen Pfarrerinnen- und Pfarrerblatts durchblättern, werden sie auf eine ganze Bandbreite an Überlegungen zur weiteren Entwicklung von Pfarramt und Kirche stoßen. Das macht die derzeitige sehr offene Entwicklung und auch dieses Heft so spannend. So hoffe ich, dass Sie eine interessante Lektüre vorfinden und freue mich auf die nächsten Gespräche über die angeschnittenen Fragen,
Ihr
Stephan Sticherling (Schriftführer)