Rechenschaftsbericht des Vorsitzenden

auf der Mitgliederversammlung des Pfarrvereins
am 6. November 2023 in Bonn

Friedhelm Maurer

Wir müssen heute über Geld reden. „Über Geld redet man nicht, das hat man“ – diese Redensart beschreibt den Idealfall. In der Realität ist es meistens anders. Wir kennen es aus Politik und Gesellschaft: Allerorten wird mehr Geld gefordert, weil man zu wenig habe, um die notwendige Arbeit zu finanzieren. Die Forderung nach mehr Geld wird erhoben, bevor Arbeiten eingestellt werden müssen, bevor es gar in die Pleite geht.

Der Evangelische Pfarrverein im Rheinland wird seine Arbeit nicht einstellen müssen, auch ist noch ein Finanzpolster vorhanden, aber gegenwärtig decken die Einnahmen nicht mehr die laufenden Ausgaben. Und das heißt, wir müssen die Mitgliedsbeiträge erhöhen. Damit Sie in der heutigen Mitgliederversammlung nicht unangenehm überrascht werden, konnten Sie in der Einladung zum heutigen Tag schon lesen: „Nachdem viele Jahre die Mitgliedsbeiträge stabil gehalten werden konnten, kommen wir nun nicht mehr an einer Erhöhung vorbei, damit die Einnahmen die gestiegenen Ausgaben decken. Auch der Pfarrverein spürt die allgemeine Teuerung.“ Die Zahlen im einzelnen, die Tendenzen und Prognosen wird Ihnen unser Geschäftsführer Dirk Voos nachher in seinem Finanz-Bericht erläutern.

 

Ich hatte Gelegenheit, als Gast beim Westfälischen Pfarrtag am 11. September 2023 den Vortrag von Prof. Dr. Traugott Jähnichen (Ruhr-Universität Bochum) zu hören: „Gott und/oder Geld: Die universalisierende Kraft des Geldes und die Einbildungskraft des Glaubens“. Die Veranstaltung fand statt in den Räumlichkeiten der KD-Bank, Bank für Kirche und Diakonie, in Dortmund. Vor diesem Vortrag stellte der Vorstandsvorsitzende der KD-Bank, Dr. Ekkehard Thiesler, die Bank vor, die eine Genossenschaftsbank mit christlichen Wurzeln und Werten ist und deren Eigentümer Kirche und Diakonie sind. 1925 gegründet, mit zur Zeit 244 Mitarbeitenden an 11 Standorten, gehört sie zu den 20 größten Genossenschaftsbanken in Deutschland. Was Nachhaltigkeit anbelangt, steht sie im Banken-Vergleich ganz vorne, an zweiter Stelle, und damit etwa vor Commerzbank und Deutscher Bank und auch vor der Evangelischen Bank. In der ethischen Ausrichtung sind bei der Geldanlage Ausschluss-Kriterien klar und verbindlich definiert, wird eine Best-in-class Klassifizierung von Unternehmen und Ländern angewendet.

 

Was den Wertpapierbesitz betrifft, geschieht das Engagement der KD-Bank über die Union Investment, über den Arbeitskreis Kirchlicher Investoren in der EKD sowie über eigene Bewertungen. Die Ziele, die im Umgang mit anvertrautem Geld verfolgt werden, sind im einzelnen: Keine Armut, kein Hunger, Gesundheit und Wohlergehen, hochwertige Bildung, Geschlechtergerechtigkeit, bezahlbare und saubere Energie, menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum, weniger Ungleichheiten, nachhaltige Städte und Gemeinden, Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen. Diese Ziele gilt es in den Handlungsfeldern von Immobilien, Liegenschaften und Wohnen, Mobilität, Landwirtschaft, nachhaltiger Kapitalanlage, nachhaltiger Beschaffung, Ernährung, Tierwohl und Bildung, um einige zu benennen, zu erreichen.  Die Bank muss sich dabei an den politischen Vorgaben und Gesetzen orientieren, international wie national, z.B. an dem Pariser Klimaabkommen, 2016 von 185 Staaten ratifiziert, an dem EU-Deal von 2019 mit dem Ziel, Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, und an dem Klimaschutzgesetz Deutschlands, 2022 nocheinmal geändert, das Klimaneutralität bereits 2045 erreichen will.

Ethisch-nachhaltige Lösungen müssen immer wieder gefunden werden, wenn es darum geht, vorhandenes Geld anzulegen.

 

Auch der Evangelische Pfarrverein im Rheinland hat Geldvermögen und hat schon vor längerer Zeit bei Oikocredit 125 Anteile erworben und somit Geld in dieser ethischen Ausrichtung angelegt.

 

Vor dem Hintergrund der rasant ansteigenden Inflationsquote, sie stieg zwischenzeitlich über 8 %, war es nicht mehr zu verantworten, Geldvermögen unseres Vereins auf dem Sparbuch zu belassen, wo es keine Zinsen mehr erbrachte und gleichzeitig durch die hohe Inflation ein Vermögensverlust eintrat. Daher haben wir im Vorstand beschlossen, in solide Substanzwerte des Deutschen Aktienindex DAX zu investieren, die durch Dividenden-Ausschüttung eine gute Rendite bieten, z.B. Deutsche Telekom oder Deutsche Post (neuer Name: DHL-Group). Unser Wertpapier-Depot haben wir bei der eben vorgestellten KB-Bank.

 

Aktien führen, auf Dauer gehalten, nachweislich zu Wertzuwachs, der bei aller Volatilität durch Hausse- und Baisse-Phasen sich auch in einer Steigerung des Kurswertes ausdrückt.

 

Neben dem Erhalt und der Steigerung des Vereinsvermögens war noch ein zweiter Gedanke für uns leitend, nämlich die Finanzierung unserer Arbeit auf ein zweites Standbein zu stellen. Die Mitgliedsbeiträge sollen niedrig gehalten werden durch Erträge aus dem Anlagevermögen des Vereins. Das vor allem wegen des Mitgliederschwundes, der strukturelle Gründe hat: Je weniger Pfarrstellen und damit je weniger Pfarrerinnen und Pfarrer es gibt, desto weniger Pfarrvereinsmitglieder. Die Arbeit im Verein aber bleibt die gleiche und soll auf hohem Qualitätsniveau gehalten werden können trotz Mitgliederschwund und steigender Kosten.

Wir sind am Aktienmarkt nicht spekulativ unterwegs, um möglichst Gewinne zu generieren, sondern wir sind langfristig investiert. Wie gut es für einen Verein ist, Rücklagen zu haben, sehen wir jetzt, wo zur Deckung des Haushaltsdefizits Entnahmen aus dem Vermögen nötig sind; wir stehen nicht an der Wand, wir leben nicht „von der Hand in den Mund“.

 

Dass das so bleibt, dafür ist es notwendig, dass der jährliche Haushalt in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen sein muss. Die Ausgaben steigen, wie jede und jeder von Ihnen, liebe Vereinsmitglieder, nachvollziehen kann, da die Teuerung überall um sich greift. Auf der Einnahmenseite haben wir durch Dividenden, wie beschrieben, Mehreinnahmen erzielen können, die aber nicht ausreichen, das strukturelle Problem zu beheben. Deshalb die Erhöhung des Mitgliedsbeitrages, die der Vorstand vorschlägt und die nachher in der Mitgliederversammlung besprochen werden und hoffentlich zum Wohl des Vereins beschlossen werden wird.

 

Ich komme auf den Vortrag von Professor Jähnichen beim Westfälischen Pfarrtag zurück; er beschrieb die Funktionen von Geld wie folgt: Zahlungsmittel, Recheneinheit, Wertmaßstab, Wertaufbewahrungsmittel mit hoher Mobilität und Konvertibilität.- Wenn Sie, liebe Pfarrvereinsmitglieder, dem Pfarrverein Ihr Geld über einen monatlichen Beitrag anvertrauen, spielt die erstgenannte Funktion die wichtigste Rolle: ein Zahlungsmittel als Tauschmittel. Geradeheraus gefragt: Was bekommt man eigentlich für seine Mitgliedschaft im Pfarrverein?

 

Dies vorweg: unser Pfarrverein genießt bei den Mitgliedern ein großes Vertrauen. Im Vorstand sind wir alle sehr engagiert bei der Arbeit, und wir tun das in vollem Umfang ehrenamtlich. Wir genießen Wertschätzung gerade auch dort, wo wir kritisch sind gegenüber der Landeskirche, ihrer Leitung und ihrer Verwaltung. Zuweilen aber kommt bei dem einen oder der anderen die Frage auf:

 

Braucht es überhaupt noch einen Pfarrverein, nachdem wir doch im Rheinland – und nun auch schon seit über zehn Jahren – eine Pfarrvertretung haben?

 

In diesem Jahr hatten wir einen Austritt aus diesem Grund. Lapidar hieß es in dem Kündigungsschreiben: „Da ich schon Lange keinen Nutzen mehr im Pfarrverein sehe, möchte ich zum nächstmöglichen Zeitpunkt meinen Austritt erklären“ …

 

Darauf schrieb ich, es ist geradezu ein „offener Brief“ an alle, die sich möglicherweise mit Austrittsgedanken tragen:

 

„Der Schriftleiter unseres Evangelischen Pfarrvereins im Rheinland, Stephan Sticherling, hat mir Ihr Kündigungsschreiben vom 26.Mai 2023 weitergeleitet.

 

Ihren Austritt aus unserem Verein bedauere ich sehr. Ihre Mitgliedschaft endet zum 31.12.2023, unser Geschäftsführer Dirk Voos ist unterrichtet.

Ich möchte Ihnen herzlich danken, dass Sie über viele Jahre mit Ihrem Mitgliedsbeitrag  geholfen haben, unsere Leistungen für unsere Mitglieder und unsere Arbeit insgesamt im Verband der Pfarrvereine in Deutschland zu finanzieren.

 

Da Sie "schon lange keinen Nutzen mehr im Pfarrverein sehen", ist Ihre Entscheidung konsequent.

 

Offensichtlich ist es uns nicht gelungen, Sie vom Nutzen unseres Vereins zu überzeugen. Vielleicht aber haben Sie auch schlicht nicht wahrgenommen, was das Engagement des Pfarrvereins ausmacht. Zuletzt dokumentiert sich dieses Engagement etwa im "Info-Brief" Nr.31/2023 von der ersten bis zur letzten Seite.

 

Zu den Leistungen des Pfarrvereins, die jedem Mitglied zugute kommen, zählen der kostenlose Bezug des Deutschen Pfarrerinnen- und Pfarrerblattes, der auflagenstärksten, monatlichen theologischen Fachzeitschrift im Land;  die Absicherung in Dienstrechtsangelegenheiten über unsere Rechtsschutz-Sammelversicherung; die Beratung in  allen Dienstangelegenheiten und möglichen Konflikten in Presbyterium und Gemeinde; die nicht unerheblichen Beitrags-Nachlässe bei Verträgen mit dem Versicherer im Raum der Kirchen, VRK (ehemalige "Bruderhilfe", die einst als Versicherung aus den Pfarrvereinen heraus entstanden ist). Mit der Aufgabe der Mitgliedschaft im Pfarrverein gehen diese Versicherungsprämienrabatte verloren.

 

Die Einrichtung der Pfarrvertretung in unserer Landeskirche, die nicht zuletzt der Evangelische Pfarrverein im Rheinland über Jahre erkämpft hat, macht den Pfarrverein nicht überflüssig, so wenig wie ein Betriebsrat eine Gewerkschaft überflüssig macht. Unsere Struktur als eingetragener Verein, e.V., macht uns unabhängig und gewährt uns so die notwendige kritische Distanz zur Kirchenleitung. Das wissen unsere Mitglieder in der Regel zu schätzen, weshalb wir trotz Pfarrvertretung nach wie vor sehr gefragt sind als zuverlässiger Beistand.

 

Wir alle im Vorstand tun unsere Arbeit ehrenamtlich, die oft sehr zeitintensiv ist.

 

Von daher schmerzt uns der Stil Ihrer Kündigung. Ein solcher Stil, grußlos, begegnet uns äußerst selten. Wo Mitglieder austreten, weil sie in eine andere Landeskirche wechseln, oder bei Sterbefällen, die uns von Angehörigen mitgeteilt werden, ist das durchweg mit einem Dank für unsere Arbeit verbunden.

 

Der Nutzen der Arbeit des Pfarrvereins steht dabei nicht zur Diskussion.  Auch dort steht er nicht zur Disposition, wo man ihn selbst vielleicht nicht direkt erlebt. Da steht man noch immer in Solidarität mit Kolleginnen und Kollegen, die direkt Hilfe benötigen, und steht zu dem Vereinszweck, nämlich für die Pflichten und Aufgaben, Rechte und Anliegen derer, die im Pfarrdienst stehen oder sich auf ihn vorbereiten, einzutreten; die gegenseitige Verpflichtung, Verantwortung und Hilfsbereitschaft unter den Mitgliedern wachzuhalten; die Verantwortung der Kirche für die Pfarrerinnen und Pfarrer und deren Angehörige zu fördern, soziale Einrichtungen und Aktivitäten zu unterstützen.

 

Ich wünsche Ihnen im Namen unseres Vorstandes weiterhin Gottes Segen für Ihren Pfarrdienst und auch Ihnen ganz persönlich alles Gute.“

 

Wenn wir nun eine Beitragserhöhung beschließen, könnte es sein, dass uns dann Mitglieder verloren gehen, denen der Beitrag zu viel wird, die keinen Nutzen für sich für das eingesetzte Tauschmittel mehr sehen und die auch mit dem Hinweis auf Solidarität mit denen, die die Hilfe des Pfarrvereins benötigen, nicht zu halten sind. Wir hoffen, dass das nur eine kleine Zahl sein wird.

 

Übrigens, in anderen Pfarrvereinen, die auch sozusagen als Gewerkschaft der Pfarrerinnen und Pfarrer unterwegs sind, liegt der monatliche Beitrag viel höher (z.B. Thüringen: 1 % vom Grundgehalt, macht monatlich ca.55-60 Euro, wir reden von einer Erhöhung des Jahresbeitrages von 72 auf 96 Euro).

 

Da ich eben ein Negativbeispiel einer Kündigung genannt habe, möchte ich es aber nicht versäumen, doch auch ein Positivbeispiel anzuführen, das die Wertschätzung der Arbeit unseres Vereins ausdrückt: ein Pfarrer im Ruhestand, über 80 Jahre alt, schreibt: „ ... Für die geplante Beitragserhöhung habe ich volles Verständnis. Deshalb möchte ich meinen monatlichen Beitrag gerne von 5,- auf 10,- erhöhen. Was muss ich dafür tun?“. Was er tun musste und getan hat: er hat der Versorgungskasse in Dortmund eine Mitteilung gemacht, dass sie seine persönlichen Abzüge für den Pfarrverein von 5 auf 10 im Monat anpassen soll.

 

Gerade auch im Ruhestand die Arbeit des Vereins weiter mittragen – für diese Treue sind wir besonders dankbar. Ich nehme die Gelegenheit wahr, mich an dieser Stelle bei diesem Pfarrer im Ruhestand stellvertretend für alle Ruheständler zu bedanken, sowie überhaupt allen unseren Vereinsmitgliedern, ob jung oder alt, im Namen unseres Vorstandes,  herzlich Danke zu sagen, dass Sie mit Ihren Beiträgen unsere Arbeit ermöglichen.

 

Soviel zum Thema Geld und Mitgliedsbeitragserhöhung.

 

Noch einige Worte zu dem, was uns inhaltlich im zurückliegenden Jahr beschäftigt hat. Neben der Beratungsarbeit, sozusagen im „Tagesgeschäft“, waren es vor allem drei Bereiche: 1. die Arbeit des Verbandes der Pfarrvereine in Deutschland, 2. unser europäisches Engagement, das auch Niederschlag gefunden hat in der Einladung der diesjährigen Referenten des Rheinischen Pfarrerinnen- und Pfarrertages, sowie 3. unser Buchprojekt zur bleibenden Bedeutung der Volkskirche.

 

Zum ersten. Im Verband sind wir im Gespräch mit den anderen Pfarrvereinen in Deutschland, nehmen teil an deren Erfahrungen und Einsichten, an deren Erfolgen - und eben auch - Problemen. Wir sind bemüht, gemeinsam auf Kurs zu bleiben, um das Bestmögliche für unseren Berufsstand in gesamtkirchlicher Verantwortung zu erreichen. Von daher erfüllt mit großer Sorge der Umgang des Thüringer Pfarrvereins mit seinem langjährigen Vorsitzenden Martin Michaelis - vor, bei und nach dessen Abwahl. Uns schmerzen die bislang nicht zurückgenommenen Behauptungen gegen ihn im „Korrespondenzblatt“ des Pfarrvereins Bayern (Nr.12 vom Dezember 2022, S.252). Eine sehr sachliche und differenzierte Wortmeldung dazu, verfasst vom Pfarrverein in der EKBO (Ev.Kirche in Berlin-Brandenburg und der schlesischen Oberlausitz) vom 1.3.2023 (vgl. die Dokumentation in diesem Info-Brief, S. 35), zu der „causa Michaelis“, der wir uns inhaltlich gut anschließen konnten, wurde als Gegendarstellung rsp. Richtigstellung vom Pfarrverein in Bayern aber leider nicht abgedruckt.

 

Hinzu kam, dass, nicht zuletzt auf Betreiben des Thüringer Pfarrvereins, eine Änderung der Satzung des Verbandes auf den Weg gebracht und schließlich mehrheitlich auf der Mitgliederversammlung am 25.9.2023 in Hofgeismar beschlossen wurde (vgl. § 11 (2)), die unseres Erachtens die Architektur notwendiger Gewaltenteilung zwischen den Vereinen und den Organen des Verbandes, insbesondere der Mitgliederversammlung, empfindlich beschädigen kann.

 

Dass der Auftritt von Bruder Martin Michaelis bei Corona-Demonstrationen „umstritten“ war, ist noch kein Grund, ihn persönlich zu diskreditieren. Die im Raum stehenden Vorwürfe müssen entweder substantiiert, durch Tatsachen belegt werden können, oder sie müssen eben als unwahre Behauptungen bewertet werden. Folglich muss Martin Michaelis rehabilitiert werden. Man kann, was geschehen ist, nicht totschweigen wollen und einfach zur Tagesordnung übergehen, ohne die Vorgänge im Einzelnen analysiert zu haben, die das Handeln des Thüringischen Vereinsvorstandes in Misskredit gebracht haben, was durch das Anerkennungsurteil des Amtsgerichts Quedlinburg vom 23.8.2022 belegt wird. Pfarrvereine unterliegen dem Vereinsrecht und damit dem BGB, ein Verstoß dagegen kann nicht bagatellisiert werden.

 

Wir fordern also eine unabhängige Untersuchungskommission, der z. B. die Historikerin, Frau Prof. Dr. Kunter angehören könnte, die dabei ist, die Geschichte des Verbandes aufzuarbeiten; hier hat sie die Gelegenheit, ein Stück Gegenwartsgeschichte zu beleuchten. Um die strafrechtliche und presserechtliche Dimension der Vorgänge zu untersuchen, würde sich weiterhin ein Jurist/eine Juristin, sowie ein Journalist/eine Journalistin für diesen Untersuchungsausschuss anbieten.

 

Wir glauben, dass die verbandsinterne Aufarbeitung notwendig ist, auch im Hinblick des fragwürdigen Umgangs des Verbandsvorstandes mit Martin Michaelis  , gerade damit die Arbeit des neuen Verbandsvorstandes nicht von „Altlasten“ überschattet bleibt.

 

Irritiert haben uns auch Äußerungen des Vorsitzenden des Pfarrvereins in der Hannoverschen Landeskirche (vgl. das „Hannoverschen Pfarrvereinsblatt vom Sommer 2023, S. 12 und 13, nicht nur im Hinblick auf die Auslassungen zu der Abwahl von Martin Michaelis als Vorsitzendem der Gesamtpfarrvertretung der VELKD, sowie, aus diesem Grund, der Rücktritt seines Stellvertreters, sondern auch im Hinblick auf die Bemerkung, dass der Verband der Pfarrvereine in Deutschland die Pfarrvertretung auf EKD-Ebene nur „interimistisch“ wahrnehme.

 

Gemäß § 107 des Pfarrdienstgesetzes der EKD von 2010 erhält der Verband evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland e.V. Gelegenheit zur Stellungnahme bei der Vorbereitung allgemeiner dienstrechtlicher Vorschriften für Pfarrerinnen und Pfarrer, die nach Artikel 10a der Grundordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland für die Gliedkirchen und gliedkirchlichen Zusammenschlüsse gelten sollen.- Und das soll so bleiben! Das ist keine „Interimslösung“. Der Verband erfüllt seine Aufgabe gemäß § 107 PfDG.EKD - im übrigen in guter Tradition -, in Abstimmung mit den Pfarrvertretungen; hier werden über die „Fuldaer Runde“ gemeinsame Stellungnahmen erarbeitet.

 

Sollte hier etwas anderes gewünscht werden vonseiten der Pfarrvertretungen, und sollten die Pfarrvereine mit ihren rechtlichen Möglichkeiten am Ende beschnitten werden, würde sich die Frage stellen, warum die Vereine dann noch die Verbandsarbeit mit den Beiträgen ihrer Mitglieder finanzieren sollen (die Umlage an den Verband macht für den Ev. Pfarrverein im Rheinland pro Jahr ca. 14.000 Euro aus, ohne die Umlage für das Deutsche Pfarrerinnen- und Pfarrerblatt, die aktuell ebenfalls mit ca. 14.000 Euro zu Buche schlägt).

 

Dem neu gewählten Verbandsvorstand, dem neuen Verbandsvorsitzenden Bruder Möller aus Dresden und allen, die mit ihm in Hofgeismar am 25. September gewählt worden sind, wünschen wir für Ihre Arbeit Gottes Segen.

 

Wir werden die Entwicklung des Verbandes genau verfolgen. Unser Engagement gilt darüber hinaus und insbesondere der Zusammenarbeit der Pfarrvereine in Europa. Hier pflegen wir schon seit vielen Jahren gute Beziehungen. Ehrengast ist in jedem Jahr der frühere Präsident der Konferenz Europäischer Pfarrvereine in Europa (kurz: KEP), Rinze Marten Witteveen aus den Niederlanden, der auch in diesem Jahr mit seiner lieben Frau Rosmarie unserer Einladung nach Bonn gefolgt ist. So wie in dieser Ehe schon die Niederlande und die Schweiz verbunden sind, so kommt auch die Nachfolgerin im Vorsitz der KEP aus der Schweiz: Verena Salvisberg. Auch sie ist in diesem Jahr wieder unser Gast; sie sprach heute morgen ein Grußwort zu unserem Rheinischen Pfarrerinnen- und Pfarrertag, der in diesem Jahr auch auf der Referentenseite Gäste aus Europa hat: Alzbeta Hanychova aus der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder in Tschechien und Kristoffer Schmidt-Hansen von der Lutherischen Volkskirche in Dänemark.

 

Erlauben Sie mir an dieser Stelle, dass ich, nun doch einmal öffentlich, meiner Enttäuschung Ausdruck gebe, dass der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Dr. Latzel, der sich für die heutige Veranstaltung entschuldigen ließ (… „wünscht einen guten Verlauf und Gottes Segen“), kein Wort zu dem Inhalt und den internationalen Referenten unserer Veranstaltung seiner Assistentin zu diktieren wusste, zu einer Veranstaltung, die wahrhaftig im gesamtkirchlichen Interesse ist. Wertschätzung und auch Professionalität sehen anders aus.

 

Umsomehr freue ich mich, dass Frau Iris Döring aus dem Dezernat 2.1 Personalverwaltung, die uns ja jedes Jahr mit ihrer Teilnahme beehrt, aber in diesem Jahr leider verhindert ist, Worte des Interesses und der Wertschätzung fand, die ich Ihnen heute vormittag vorgelesen habe.

 

Heute Vormittag konnten Sie sich wohl alle überzeugen lassen, wie uns die Erfahrungen unserer Schwestern und Brüder aus anderen Regionen Europas inspirieren können, die Freude an unserem Pfarrberuf zu fördern und für ihn zu werben – gerade in unseren herausfordernden Zeiten.

 

Damit komme ich zu meinem letzten Punkt im diesjährigen Rechenschaftsbericht über unsere Arbeit. Gerne hätte ich jetzt an dieser Stelle das Buch präsentiert und jetzt hochgehalten, das wir im Vorstand erarbeitet haben. Es trägt den Titel: „Salz der Erde – Licht der Welt. Die bleibende Bedeutung der Volkskirche“. Der Verleger, Winrich C.-W. Clasen vom CMZ-Verlag in Rheinbach und ich als Herausgeber sind uns einig darin, dass Genauigkeit vor Schnelligkeit geht – und das eben bis zur letzten Fertigstellung des Buches - so wird es also erst nächste Woche in Druck gehen.

 

Wir beziehen in diesem Buch klar Position für die Volkskirche. Für die wollen wir mit guten Argumenten streiten und treten für eine wirkliche Reformation unserer Kirche ein, was verbunden ist mit einer Kritik an den seit Jahren laufenden sogenannten „Struktur- und Reformprozessen“, die wenig gebracht haben.

 

Freuen Sie sich auf die Lektüre dieses Buches. Manche werden sich vielleicht auch ärgern, aber auch die werden nicht umhin kommen, anzuerkennen, dass es uns an den großartigen Inhalten, die die Kirche zu verkündigen hat, gelegen ist, und dass wir dem Pfarrberuf heute und in Zukunft eine sehr wichtige Rolle beimessen, gerade in einer schwierigen Zeit multipler Krisen. Als Pfarrerinnen und Pfarrer dürfen wir Menschen mit der Verkündigung des Evangeliums und als Seelsorgerinnen und Seelsorger helfen, ihr Leben in Glaube, Hoffnung und Liebe zu führen.

 

Ich danke Ihnen für Ihr aufmerksames Zuhören.