"Selbst in der Schweiz gibt es riesige Einkommensunterschiede"

Kurzinterview mit Verena Salvisberg, Präsidentin der Konferenz europäischer Pfarrverbände (KEP)

 

Seit 1983 gibt es die Konferenz Europäischer Pfarrvereine. Ihr gehören heute  20 europäische Pfarrvereine an, darunter sechs deutsche. Alle drei Jahre findet eine Delegiertenkonferenz statt, zuletzt in diesem Jahr im Chateau du Liebfrauenberg im Elsass. Wer die Möglichkeit hat, daran teilzunehmen, dem wird erst mal bewusst, wo es überall in Europa Pfarrerinnen und Pfarrer gibt. Wir groß sind die Unterschiede im Blick auf die Lebens- und Dienstsituation der Kolleginnen und Kollegen? Sind Pfarrerinnen und Pfarrer mit ihren Familien sozial generell abgesichert, oder müssen sie sich zuweilen Sorgen um ihr Auskommen machen? 

 

Selbst in meinem Land, in der Schweiz, gibt es riesige Einkommensunterschiede zwischen den verschiedenen Kantonalkirchen. In gewissen Westschweizer Kirchen ist es nicht möglich, vom Pfarrgehalt zu leben. Darum gibt es bei uns den Pfarrersolidaritätsfonds, der da einen gewissen Ausgleich zu schaffen sucht. Europäisch gesehen sind die Unterschiede sehr groß, wobei man natürlich die Lebenshaltungskosten berücksichtigen und mit dem Einkommen in anderen Berufen im entsprechenden Land vergleichen muss. 

 

Gibt es auf europäischer Ebene eher einen Mangel oder einen Reichtum an Pfarrerinnen und Pfarrern? 

 

Europaweit gibt es eher ein Mangel an Pfarrerinnen und Pfarrern, etwas weniger drängend ist das Problem wohl im Osten Europas. Alle Kirchen kämpfen mit dem Verlust einer Mehrheit ihrer Mitarbeitenden durch die Pensionierung der geburtenstarken Jahrgänge. Dabei sind viele kreative Lösungsansätze zu beobachten. 

 

Was mir bei der Konferenz in Liebfrauenberg auffiel: Unter Pfarrerinnen und Pfarrern spielt kaum noch eine Rolle, ob sie reformiert, uniert oder lutherisch sind. Gibt es einen Trend zur evangelischen Vereinheitlichung oder ist die konfessionelle Identität immer noch wichtig? 

 

Grundsätzlich denke ich, dass die konfessionelle Identität immer noch wichtig ist. Auch an den KEP-Konferenzen gab es diesbezüglich schon Diskussionen, insbesondere beim Gottesdienstbesuch. Viele Mitgliedvereine betonen z.B. bei der Vorstellung, welchem Bekenntnis sie zugehören.  

 

Im geschwisterlichen Miteinander an der Konferenz spielen die konfessionellen Unterschiede tatsächlich fast keine Rolle mehr. Da alle Kirchen mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind, ist eine Auseinandersetzung zwischen den Konfessionen zunehmend unwichtig. Von Vereinheitlichung würde ich aber nicht sprechen. 

 

Was sind deine Eindrücke von der Ökumenischen Vollversammlung in Karlsruhe? Wie kam das Thema "Pfarrerin/Pfarrer" dort vor?

 

Das Thema war nicht besonders wichtig. Der Schweizerische Reformierte Pfarrverein hat zu einer Podiumsdiskussion eingeladen zum Thema "Das Pfarramt - Gabe für die Kirche - früher und heute". Ausser den Vorstandsmitgliedern nahmen zwei Pfarrerinnen aus der Niederlande teil. Ein angefragter orthodoxer Priester sagte leider kurzfristig ab. Auch die ZuhörerInnen, aus der anglikanischen, römisch katholischen und weiteren Kirchen, beteiligten sich rege am Gespräch. 

 

Auf der Suche im Vorfeld nach PodiumsteilnehmerInnen habe ich festgestellt, dass vielen PfarrerInnen der ÖRK unbekannt ist. 

 

Du bist Regionalpfarrerin in deiner Landeskirche Bern-Jura-Solothurn, also du berätst Pfarrerinnen und Pfarrer und Kirchgemeinderäte. Das Präsidium der KEP ist ein Ehrenamt. Wie gelingt es dir, neben deinem Amt die Vielzahl ein Besuchen, Gremien und Kontakte zu schultern? 

 

Erst seit dem 1. August habe ich diese neue Aufgabe als Regionalpfarrerin. Es ist etwas schwieriger geworden, die Vielzahl der Termine zu koordinieren. Im Gemeindepfarramt konnte ich die Wochenendarbeit kompensieren und so freie Tage gewinnen für die Arbeit bei der KEP. Die Pflege der Kontakte mit dem deutschen Pfarrer- und Pfarrerinnenverband und mit Vereinen in vielen Ländern ist eine große Bereicherung für mich persönlich und auch für meine jetzige Aufgabe, darum setze ich gerne auch den einen oder anderen Ferientag dafür ein.

 

· Verena Salvisberg ist Regionalpfarrerin der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn und Präsidentin der
Konferenz  Europäischer Pfarrverbände