Jahresbericht der Schwerbehinderten-Vertretung

Christoph König
Uwe-Jens Bratkus-Fünderich
Werner Korsten

 

 Die Schwerbehindertenvertretung (vergl. Pfarrvertretungsgesetz § 20) der EKiR hat den Jahresbericht 2021 der Pfarrvertretung zur Kenntnis genommen und legt hiermit einen eigenen Bericht vor. Im Berichtszeitraum wird es auf diese Weise gut sein zu erinnern, was auf dem Feld der Schwerbehindertenvertretung geschieht, bzw. nicht geschieht. Die enge Zusammenarbeit der Pfarrvertretung und unserem Pfarrverein mit der Schwerbehindertenvertretung ist beabsichtigt, wünschenswert und in vielen, gemeinsamen (Beratungs-)Fällen geboten. Es wurden öfter Beratungssuchende von Mitgliedern der Pfarrvertretung und des Pfarrvereins auf unsere Arbeit aufmerksam gemacht und an uns „überwiesen“. - E-Mails ins Cc gestellt; man hat sich transparent informiert, wo Ratsuchende es wünschten.

Denn: die Wahrnehmung der Interessen der schwerbehinderten Pfarrerinnen und Pfarrer an der rechtlichen Gestaltung ihrer Dienstverhältnisse und an den sie betreffenden Personalangelegenheiten sollte unserer Meinung nach mit dem Wissen um deren Rechte als Schwerbehinderte begleitet werden. 

 

Rückblick/ Fakten/ Was wir getan haben

 

Seit unserer Berufung im Jahre 2018 stehen wir zur Beratung der betroffenen Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung und begleiten rechtliche und organisatorische Entscheidungsprozesse, die im direkten Zusammenhang stehen mit der jeweiligen Schwerbehinderteneigenschaft. Christoph König hat den Süden unserer Landeskirche übernommen, bis zu seinem Wohnort in Siegburg, Uwe-Jens Bratkus-Fünderich arbeitet nördlich von Siegburg und westlich des Rheins, Werner Korsten nördlich von Siegburg und östlich des Rheins. Diese interne Aufteilung besagt aber nicht, dass man damit schon verpflichtet wäre, sich an den jeweiligen Zuständigen der Region zu wenden. Es steht jeder und jedem frei, an wen er oder sie sich wenden will, - wir arbeiten im Team. Von Anfang an besteht die Notwendigkeit eine Frau ins Team zu berufen. Frau Pfarrerin Alice Petra Husken soll – so unser Vorschlag seit Mai 2021 – alsbald von der Kirchenleitung ins Team berufen werden.  

 

Wir zitieren gerne Pfarrer Peter Stursberg aus seinem Jahresbericht 2021 der Pfarrvertretung, Seite 11:

 

„In der September-Sitzung trafen wir mit den Ruhestandkollegen Christoph König und Werner Korsten zusammen, die gemeinsam mit Uwe Bratkus-Fünderich – der Kollege war leider verhindert – die Interessen der Kolleg*innen mit einer Schwerbehinderung vertreten (SBV). Die beiden Kollegen informierten bei dieser Gelegenheit darüber, dass die SBV nun auch durch eine Kollegin unterstützt wird: Die Kirchenleitung will Frau Pfarrerin Alice Petra Husken aus Köln zum Mitglied der SBV berufen. Für 2022 wurde ein Gespräch zwischen Schwerbehinderten- und Pfarrvertretung vereinbart, das dann in ein Gespräch mit der Personalabteilung münden soll, um gemeinsam Themen zu erörtern, die eine Schnittmenge für die beiden Vertretungen bilden.“

 

Ausgehend von gemeinsamen Beratungsfällen aus der Pfarrerschaft gab es regelmäßige Gespräche mit dem Vorstand des Pfarrvereins, zuletzt in der Novembervorstandsitzung in Bonn mit dem Ergebnis, dass der Vorstand die Schwerbehindertenvertretung darin unterstützt, mehr Rechtssicherheit zu erlangen, um die steigende Zahl von schwerbehinderten Kolleginnen und Kollegen effektiver begleiten zu können.

 

Wir zitieren auch gerne Pfarrer i.R. Friedhelm Maurer (Vorstandsvorsitzender) aus seinem Jahresbericht 2021 des Ev. Pfarrvereins, Seite 7:

 

„Eine sehr gute Verbindung haben wir zur Schwerbehindertenvertretung für Pfarrpersonen der Evangelischen Kirche im Rheinland, namentlich gerade zu Christoph König, der sehr engagiert in einem Feld arbeitet, das immer größer zu werden scheint. In der letzten Vorstandssitzung am 2. November 2021 war er bei uns und berichtete von Fällen und Zahlen, die man kaum für möglich hält.“

 

Wir freuen uns daher über den neuerlichen Beschluss des Vorstandes unseres Ev. Pfarrvereins im Rheinland:

"Der Vorstand des Evangelischen Pfarrvereins im Rheinland e.V.  unterstützt nachdrücklich die Arbeit der Schwerbehindertenvertretung für Pfarrpersonen der Evangelischen Kirche im Rheinland. Mit der

Schwerbehindertenvertretung teilt der Evangelische Pfarrverein im Rheinland  die Ansicht, dass das Rheinische Pfarrvertretungsgesetz bezüglich der Rolle der Schwerbehindertenvertretung noch Klärungsbedarf hat und verbessert werden muss, sowie ihr Anliegen, die Evangelische Kirche im Rheinland aufzufordern und zu mahnen, entsprechende Regelungen gemäß Sozialgesetzbuch (SGB) bezüglich schwerbehinderter Menschen in die Ausführungsbestimmungen zum Pfarrdienstgesetz zu implantieren, damit es endlich sowohl für beamtete Pfarrerinnen und Pfarrer wie auch für Pastoren und Pastorinnen im Angestelltenverhältnis Rechtssicherheit gibt."

 

Erreichbarkeit und Zahlen

 

Es wurde ein Funktionspostfach mit entsprechender Mailadresse eingerichtet, so dass wir auch über sbv.pfarrpersonen@ekir.de angeschrieben werden können. Wir hoffen darauf das Portal eines Tages barrierefrei benutzen zu können. - Zoom-Konferenzen sind auch möglich und bekommen teilweise überraschend gute Bewertungen, weil die Beschränkung auf das Wesentliche oft zu nächsten Schritten führt. Unsere aktuellen Mobil-Telefonnummern stehen auch wieder unter diesem Bericht.

 

Unsere Liste der schwerbehinderten Kolleginnen und Kollegen ist inzwischen auf ca. 80 Personen angestiegen. Diese Liste erlaubt, schwerbehinderte Kolleginnen und Kollegen direkt anzuschreiben und zu informieren. - Es ist uns aber bewusst, dass die „Dunkelziffer“ recht hoch ist. Viele unserer Beratungskontakte stehen nicht auf der Liste. Gerne hätten wir – wie schon letztes Jahr -  in Köln eine geplante Auftaktveranstaltung in diesem Jahr mit allen betroffenen Pfarrpersonen durchgeführt, wollten einen Tag miteinander zum Austausch anregen und theologisch reflektieren, was es für uns bedeutet, wenn wir von „Inklusion“ und „Diversität“ reden, wollten uns Konzeptionen anderer Landeskirchen anschauen, die Konzeption unserer LKA-Personalabteilung hören, die BAD-Vertreterin (BEM - Verfahren) für Gesundheitsfürsorge und Sicherheitstechnik GmbH einladen, sowie die Vertreter des Pfarrvereins und der Pfarrvertretung – leider mussten wir die Veranstaltung wegen der Pandemie wieder verschieben. - Es ist beabsichtigt, im kommenden Jahr neu einzuladen. In diesem Zusammenhang konnten inzwischen in den Haushalt der Landeskirche 7.000 eingestellt werden, so dass unsere Fortbildungskosten, Supervision und auch Fahrtkosten erstattet werden können. 

 

Erfahrungen aus der Beratungstätigkeit 

 

66 Beratungen wurden in 2021 gewünscht, Telefonate, E-Mail – Schreiben, auch Zoom Konferenzen, Besuche, gemeinsame Dienstgespräche mit Superintendenten, je nach Fall und nach Grad und Art der Behinderungen und Konfliktlagen. Manche Beratung dauert an. Es gibt Erfahrungen, die wir hier weitergeben wollen: 

Nach Langzeiterkrankung gibt es inzwischen ein schriftliches Angebot zum Betrieblichen Wiedereingliederungsmanagement (BEM). - Die Ergebnisse eines solchen Verfahrens werden allerdings nicht immer im Dienst durchgehalten; eine jeweilige Aktualisierung der Dienstanweisungen/Dienstvereinbarungen wäre hier für alle Beteiligten sicher und hilfreich. 

 

Erfahrungsgemäß ist jeder „Fall“ ein Einzelfall. Es fehlt aber an kirchenrechtlichen Grundlagen, oft einfache Fragen der Betroffenen zu beantworten. Auf den verschiedenen Ebenen kirchlichen Handelns ruft die Einschätzung und der unklare Umgang mit Schwerbehinderung im Dienst immer wieder Konflikte hervor. 

 

Es fehlt an Strukturen und Orientierungspunkten im Bereich der schwerbehinderten Pfarrpersonen in der EKiR. Auf der Basis kirchenrechtlicher Grundlagen muss  festgelegt werden, wer für die Unterstützung zuständig ist und Verantwortung trägt. (Gemeinde, Kirchenkreis, Landeskirche)  Dabei sollte unterschieden werden, zu welchem Rechtskreis eine schwerbehinderte Pfarrperson gehört. Der beamtete Gemeindepfarrer auf Lebenszeit, die Schulpfarrerin, der mbA-Pfarrer, angestellte Pfarrpersonen (gerade wegen ihrer Behinderung sind einige Pfarrpersonen nicht verbeamtet) oder Teilzeitpfarrstellen u.ä. Pfarrpersonen und die Presbyterien sollten eine Liste von Hilfestellungen für den Dienstbereich (ähnlich wie beim Staat) in die Hand bekommen, um Antragswege bei Beschaffungen von Hilfsmitteln und Ausgleichsmitteln zu erfahren, bis hin zur Berechnung der Versorgung. Dazu gehört auch das Aufzeigen der Grenze zur Dienstunfähigkeit mit den daraus entstehenden Folgen. 

 

Ähnlich wie die Beantragung von Supervision heute für jeden Pfarrer und jede Pfarrerin per Formblatt möglich ist, sollte für schwerbehinderte Pfarrpersonen ein Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin im LKA zur Beantragung und Durchführung von Angelegenheiten, die den Dienst eines Schwerbehinderten betreffen, eingerichtet werden. Inzwischen sind wir davon überzeugt, dass eine volle Stelle mit einer für diese Arbeit kompetenten Person geschaffen werden muss, um die aufgelaufenen Fragen und Problemkreise zu bearbeiten. 

 

Der Austausch der LKA- Abteilung 2 mit der Schwerbehindertenvertretung sollte regelmäßig stattfinden, um aus Einzelfällen Strukturen zu entwickeln, die andern Schwerbehinderten hilfreich sind. 

 

Die gemeinsamen Konferenzen mit der Pfarrvertretung und dem Pfarrverein sollten regelmäßig stattfinden, damit die Einschätzung der Pfarrvertretung und des Pfarrvereins zum Umgang mit Personal in der EKiR immer auch den Umgang mit den schwerbehinderten Kolleginnen und Kollegen in Zukunft im Blick hat. 

 

Es wäre zielführend, zeitnah eine Übersicht nicht nur der EKiR zu ihren Möglichkeiten im Umgang mit Schwerbehinderten vorliegen zu haben, sondern auch parallel die Vorgehensweisen und Möglichkeiten im Bereich anderer verbeamteten und angestellten Personen (z.B. Lehrer und Lehrerinnen).

 

Schon im Mai 2021 hatten wir unsere Fragestellungen – nach Auswertung unserer Telefonaktion – in die Abteilung 2 gesendet mit der Bitte um Beantwortung.

 

Die Korrespondenz mit dem LKA, Abteilung 2 Personal, mit Frau Landeskirchenrätin Iris Döring, lässt uns hoffen, dass nächstes Jahr gemeinsame Konferenzen einberufen und strukturelle Fortschritte für die Schwerbehindertenvertretung erreicht werden können, so dass die Rolle der Schwerbehindertenvertretung klarer wird und ein Schwerbehindertenrecht in der EKiR ausformuliert werden kann. Bisher ist das Schwerbehindertenrecht der Pfarrerinnen und Pfarrer unserer Landeskirche ohne Ausführungsbestimmungen und dadurch wirkungslos.

 

Es gibt viel zu tun – zum Stand der Entwicklung

 

Wir sehen gemeinsam aufgelaufene Fragenkomplexe, die immer wieder erscheinen: 


Die Frage nach einer Planstelle für die Schwerbehindertenvertretung (ehrenamtlich kann die Arbeit, die Schwerbehindertenrechte fest- und durchzusetzen, nur flankiert werden)

 

Fragen rund um die Bewerbung (Ausschreibungen von Pfarrstellen)

 

Fragen rund um die Arbeitsplatzausstattung (inkl. Kostentragungspflicht für Umbaumaßnahmen, leidensgerechte Arbeitsbedingungen)

 

Fragen zur Rolle und den Rechten der Schwerbehindertenvertretung (Informationsrechte/Beratungsrechte/Begleitungsrechte – hat ein Perspektivgespräch oder Entscheidungen eine behinderte Pfarrperson betreffend ohne Zuziehung eines Schwerbehindertenvertreters Gültigkeit?)

Allgemeine Fragen z.B. die Reichweite staatlicher Bestimmungen, Rechtsweg zu Gerichten

 Frau Landeskirchenrätin Döring erwartet die Antwort auf ihre Umfrage bei den Gliedkirchen der EKD zu Kostentragungspflicht und behindertengerechten Ausstattung des „Arbeitsplatzes“ (Umbau von Amtszimmern, Pfarrhäusern, Kirchen und Gemeindehäusern). Frau Döring hat im August eine Aufstellung der Rückmeldungen angekündigt. Die Grundsatzfragen zur Rolle der Schwerbehindertenvertretung der EKiR sollen zunächst mit dem Rechts- und Arbeitsrechtsdezernat beraten werden. 

 

Wir würden uns freuen zu solchen Beratungen frühzeitig hinzugenommen zu werden.

 

Ausgehend von steigenden Beratungszahlen und steigender „Dunkelziffer“ von Pfarrerinnen und Pfarrern mit Schwerbehinderteneigenschaften wird gleichzeitig deutlich, dass die Schwelle, sich als „schwerbehindert“ zu outen, immer höher wird, je mehr es sich herumspricht, dass Kolleginnen und Kollegen die Ruhestandsversetzung „droht“, anstatt gemeinsam nach „leidensgerechten Arbeitsplatzbedingungen“ zu suchen. So bleibt es mühsame Aufgabe der Schwerbehindertenvertretung, konfliktgeladene Einzelfälle zu bearbeiten, geduldig nach individuellen Lösungen zu suchen. Aufgrund der Rechtsunsicherheit werden wir oft zu spät oder gar nicht in Personalprozesse mit Schwerbehinderten eingebunden und hoffen daher auf baldige Klärung, um solche „leidensgerechte Arbeitsbedingungen“ für Betroffene mitgestalten zu können.

 

Wir sind sehr zuversichtlich, dass auf dem Feld der Schwerbehindertenberatung zeitnah Klärungen der erarbeiteten Fragenkomplexe herbeigeführt werden. Frau Landeskirchenrätin Döring schrieb uns am 19.08.2021: „Mir ist bewusst, dass diese Rückmeldung noch wenig konkret ist, das liegt auch daran, dass das  Schwerbehindertenrecht der Pfarrerinnen und Pfarrer bislang unterrepräsentiert war und ist. Wir begrüßen aber ausdrücklich die Anfragen der Schwerbehindertenvertretung und werden diese über den Fortgang unserer Informationen und Überlegungen informieren und zu einem späteren Zeitpunkt dann auch an den Überlegungen beteiligen.“

 

Daher sind wir dankbar für den Theologischen Impuls (106) unseres Präses Dr. Thorsten Latzel am 30. Oktober 2021 zum Thema, dem wir uns anschließen und auf den wir - wegen zahlreicher Nachfragen – am Ende dieses Berichtes hinweisen:

 

https://praesesblog.ekir.de/if-you-stutter-youre-in-good-company-inklusive-kirche-gestalten/

 

Wir sind nämlich davon überzeugt, dass dieser Impuls gerade auch für schwerbehinderte Pfarrerinnen und Pfarrer in unserer Landeskirche gelten sollte, wenn er denn auch unter uns umgesetzt werden soll. -  Nur wenn wir die dienstlichen Personalangelegenheiten der betroffenen Kolleginnen und Kollegen gemeinsam lösen, bleiben wir glaubwürdig bis 2030 und darüber hinaus.