Digital das Evangelium verkündigen

Bericht auf dem Pfarrerinnen- und Pfarrertag
am 8. November 2021 in Bonn

Birgit Rößle-König

 

 

Wir sind angetreten und dafür ordiniert, das Evangelium, die gute Botschaft, öffentlich zu verkünden. Die Botschaft ist uns wichtig, sie liegt uns am Herzen, weil wir wissen, dass sie Menschen beim Leben und Sterben hilft.

In unsere Gottesdienste an normalen Sonntagen kommen laut EKD-Statistik an einem Sonntag wie Invokavit 2,7 % der Kirchenmitglieder (https://www.ekd.de/Gottesdienst-Zahlen-Daten-EKD-17289.htm), unser Präses sagt in dem Dokument „EKIR 2030“, dass unsere Geldmittel in ca. 10% der Kirchenmitglieder investiert werden (https://medienpool.ekir.de/A/Medienpool/92357?encoding=UTF-8)

 .

Es wird nicht leichter werden. Der Plan ist, nur noch rund 1000 Pfarrstellen bestehen zu lassen. Viele Funktionspfarrstellen, mit denen wir viele Menschen erreicht haben, die sonntags nicht kommen, fallen weg.

Das sind die Fakten. Es kann uns nicht reichen, 2,7 % sonntags, bzw. 10% der Mitglieder zu erreichen. Es widerspricht dem oben genannten öffentlichen Verkündigungsauftrag.

 

Um zu sehen, was Menschen fehlt, habe ich nachgelesen, was Menschen sagen, die austreten. Sie sagen vor allem, dass sie keine emotionale Bindung zur Kirche haben. Sie können mit den derzeitigen Angeboten nichts anfangen. Zu fremd. Ich war gerade in einer Berufsschule mit Jugendlichen aus sozialen Brennpunkten. Kaum einer hat je eine Kirche von innen gesehen. Wenn, dann bei Festen wie Hochzeit und da waren sie abgeschreckt vom Ablauf. Zu fremd. Leider scheinen wir gerade diese jungen Erwachsenen, die es verdammt schwer haben, einen Schulabschluss und eine Ausbildung zu erhalten, nicht über unsere Kinder- und Jugendarbeit zu erreichen. Schade.

 

Die, die in der Kirche bleiben und unsere Arbeit mit ihren Kirchensteuern bezahlen, obwohl sie selbst wenig zur Kirche gehen, haben mir in Interviews gesagt:

 

Mir ist die diakonische Arbeit wichtig.

 

Mir ist wichtig, dass unsere Gesellschaft gemeinsame Werte als Basis hat und dafür sehe ich die der evangelischen Kirche als geeignet an.

 

Sie wollen wichtige Ereignisse im Leben in der Kirche begehen und feiern.

 

Was tun? Für den analogen Dienst vor Ort stehen Sie sowieso vor der Herausforderung, wie Sie die Arbeit neu aufteilen, um die größeren Bezirke und Kooperations- bzw. Fusionsräume zu bewältigen. In diesen neuen Strukturen bitte ich Sie dringend auch daran zu denken, wie Sie Freiräume schaffen, um den 97,3% Kirchensteuerzahler*innen etwas zu bieten, damit sie nicht austreten.

 

Sie kommen nicht. Also müssen wir dorthin, wo sie bereits sind.

 

Aufbau einer „Digitalen Kirche“ im Evangelischen Kirchenkreis An Sieg und Rhein

 

Ich berichte von 2 Jahren Aufbau einer „Digitalen Kirche“ im Evangelischen Kirchenkreis An Sieg und Rhein. Es ist ein Praxisbericht: Wie setzt man es um? Ich habe schon so viele Meta-Vorträge gehört, die mir bei der Praxis nicht geholfen haben. Jetzt mache ich selbst den Versuch, Ihnen eine Vorgehensweise an die Hand zu geben.

 

Es gibt bereits viele theologische Grundlegungen und Diskussionen in Akademien und Verlautbarungen der EKD und der Landeskirchen. Das finden Sie alles im Netz (Sehr aktiv ist z.B. die Evangelische Akademie im Rheinland im Bereich „Medien“). Ich konzentriere mich auf die Umsetzung.

 

Zunächst zu mir: Ich wurde mit einer landeskirchlichen Pfarrstelle für die Aufgabe ausgewählt, weil ich einen besonderen Blick auf unsere Kirchenstruktur und unsere Handlungsweisen habe. Ich habe 12 Jahre lang für Unternehmen deren Stiftungen aufgebaut, geleitet und zahlreiche Projekte ins Leben gerufen. Am Anfang Projekte von ca. 100.000 €, später für mehrere Millionen. Ich habe ein Begleitstudium in BWL absolviert. Abgesehen vom Umgang mit Zahlen hilft es, den Blick von oben auf die Situation zu schärfen, weniger vom Individuum her zu denken. Ich frage: Ich habe bestimmte Mittel und Ressourcen, wie setze ich diese am besten ein, um möglichst vielen – in meinem Fall – jungen Menschen einen Schulabschluss und eine Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen?

 

Zudem durfte ich zwei Jahre lang forschen, was die Technologie der Zukunft für die Arbeitswelt bringt, um dann Schülerinnen und Schüler darauf vorzubereiten.

 

Eine Frau für Aufbau und Konzeptionen. Ein Blick auf Kirche von innen und außen gleichzeitig.

 

Meine Superintendentin Almut van Niekerk arbeitet seit langem daran, wie man auch im Netz als Kirche aktiv sein kann. Ich hatte das Glück, dass sie vorausdenkt und selbst aktiv das Netz nutzt, um das Evangelium zu verkünden. Frau Döring, Landeskirchenrätin der EKiR, war mit der Dienstanweisung einer „Pfarrerin für Digitale Kirche“ einverstanden. Herzlichen Dank dafür.

 

Ziel meiner Aufgabe sollte sein, dass die vielen Menschen, die sich in Suchbewegungen durchs Netz bewegen, uns finden. Ja, die Menschen suchen religiöse und spirituelle Inhalte. Und zwar sehr individuell. Deshalb passt nicht mehr die eine liebgewonnene liturgische Form.

 

Die Menschen sind im Netz. Wollen wir den 97,3% öffentlich das Evangelium verkünden, müssen wir dorthin gehen, wo sie sind.

 

Dort herrschen andere Gesetze, eine andere Kultur als in unserem analogen Dienst. Aber positiv ist doch: die Menschen suchen religiöse und spirituelle Inhalte! Also lohnt es sich, dort Angebote zu machen, die nicht als zu fremd empfunden werden, sondern sogar Freude bereiten, so dass sie uns abonnieren und sich über Posts von uns im Alltag freuen. Wir können also Alltagsbegleiterinnen und Alltagsbegleiter werden – sozusagen die Kirche in der Hosentasche – immer dabei.

Wir haben im Kirchenkreis nicht sofort losgelegt. Denn auch wir sind keine „Digital Natives“ und mussten erst lernen. Wir haben:

 

- eine Umfrage in allen Kirchengemeinden gemacht, was sie in Zukunft senden wollen und was sie für Hilfe von uns dafür brauchen.

 

- ein Team gebildet aus der Superintendentin, der Dienststellenleiterin der Erwachsenenbildung und unserer Öffentlichkeitsarbeit. mit einer multiprofessionellen Gruppe, die die Aufgaben für alle Bereiche der kirchlichen Arbeit untersucht hat, Empfehlungen erarbeitet. Diese wurden auf Workshops mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus allen Kirchengemeinden geprüft.

 

- an vielen Fortbildungen teilgenommen und fehlende selbst organisiert.

 

- Gelder beantragt aus dem EKD Innovationsfonds für das benötigte Equipment zum Filmen, Filmbearbeitung etc.

- an vielen Austauschgruppen mit Menschen teilgenommen, die digitale Kirche in ihrer Gemeinde, auf der Ebene der Jugendarbeit oder EKiR voranbringen, haben auch mit anderen Landeskirchen über deren Initiativen gesprochen und davon gelernt.

 

Jetzt soll es nicht um den Weg gehen, sondern darum, was wir gelernt haben. Und zwar in einer praxisrelevanten Form, damit Sie etwas davon haben. Zu viele Absichtspapiere habe ich gelesen, in denen Anforderungen an das Bodenpersonal gestellt werden, die schon beim Lesen den Überforderungsabwehrmechanismus aktivieren.

 

Denn das bleibt das Problem: Viele gute Gedanken und Ideen. Das Dokument Ekir 2030 habe ich mit Freude gelesen. Aber auf Nachfrage bei unserem Präses, Herrn Dr. Thorsten Latzel, hörte es sich so an, als ob für die Umsetzung der digitalen Vorhaben keine Stellen eingerichtet werden sollen. Es hängt also an Ihnen, welche Veränderungen Sie in Ihrem Arbeitsfeld vornehmen können, ob etwas davon Wirklichkeit wird.

 

Da ich von vornherein das Ziel hatte, dass die Digitale Kirche nicht an einer Pfarrperson hängen darf, kann ich erzählen, wie man es auch ohne eine Extrakraft wie mich möglich machen kann.

 

Zunächst muss ich aber den eigentlichen Hemmschuh benennen, den ich sehe. Als Frau, deren Beruf es 12 Jahre lang war, ständig zu erahnen: Was kommt auf uns zu? Wie können wir proaktiv reagieren? waren die Antworten vieler Kolleginnen und Kollegen in der Umfrage und in Gesprächen für mich befremdlich.

 

Sie sind fixiert auf Gottesdienstangebote. Wenn sie überlegen, was es digital geben soll, sind es die alten liturgischen Formate, einfach nur digital. Die haben aber bisher nur 2,7% der Mitglieder interessiert.

 

Sie überlegen nicht im Team: weder mit ihren Mitarbeitenden, noch mit anderen Kolleginnen und Kollegen zusammen.

Auf Anfrage nach Kooperation zu Ihrer Entlastung höre ich „meine Gemeinde möchte MEINE Stimme hören“. Welches Bild existiert hier von „meine Gemeinde“? Die 2,7%? Die anderen kennen die Stimme und Aussehen kaum.

Sie wollen Hilfe vom Kirchenkreis, z.B. Fortbildungen. Wir organisierten genau die gewünschten Fortbildungen, in denen dann nur die Organisatorinnen alleine teilnahmen.

 

Gleichzeitig habe ich in Gesprächen und Workshops erfahren, dass Keine und Keiner daran zweifelt, dass Digitalisierung ein Schwerpunktthema werden soll. Und dass es immer mehr Kooperationsräume und Fusionen geben wird.

Ich betreibe hier keine Kolleg*innenschelte. Sehr viele haben sich mutig in die digitale Welt eingearbeitet und Kreatives möglich gemacht. Aber auch sie sind nach der Rückkehr der analogen Aufgaben überfordert, dies zeitlich weiterhin zu tun.

 

Was haben wir für die Praxis gelernt?

 

Kooperation

 

Wie kann eine Weiterführung möglich sein? Meine Analyse zielt darauf, dass ein neues, kooperatives Denken nötig ist. Es wird nur gehen, wenn Sie die digitale Verkündigung nicht als Sahnehäubchen sehen, sondern als eine Notwendigkeit. Es muss Zeit investiert werden für Planen, das Gewinnen von vielen Menschen und die Umsetzung der Strategie. Es muss ein Teil der normalen Aufgaben werden wie Konfirmand*innenunterricht.

 

Sonst geht es nicht. Alleine wäre es überfordernd. Und ohne die Festsetzung der digitalen Verkündigung als normaler Schwerpunkt der Arbeit beschränken Sie sich weiterhin auf 2,7%.

 

Deshalb die Bitte, wenn Sie sowieso Ihre Arbeit neu strukturieren müssen, diesen digitalen Bereich als neues Feld einzubauen.

 

Dieser Umbau der Prioritäten lohnt sich! Stellen Sie sich vor, Sie hätten täglich rund 1000 Leute, die das Gemeinde-Instagram ansehen, täglich Nachrichten wahrnehmen und die evangelische Kirchengemeinde wieder wahrnehmen.

Damit es funktioniert, müssen wir zunächst lernen: Nicht wir entscheiden, was interessant ist, sondern der Nutzer, die Nutzerin. Sie sind radikal: Sie klicken sich kurz in die Live-Schaltung und schon drei Sekunden später sieht man das Winke-Zeichen = sie sind wieder weg. Es hat sie nicht interessiert. Es gibt zu viele Angebote, wir sind nur eines davon und stehen in Konkurrenz.

 

Unsere Vorteile:

 

Wir haben viele aktive Menschen in der Kirchengemeinde.

 

Wir haben eine fantastische Vielfalt, die sich auch in den digitalen Posts spiegeln wird.

 

Wir können alle Gemeindemitglieder direkt ansprechen und auf unser Angebot aufmerksam machen. Wer hat daran nicht Interesse, was direkt vor Ort passiert? Und mit ihrer spirituellen und religiösen Suche fänden sie etwas Vertrauensvolles.

Ich hoffe, mein Beitrag heute hilft, Wege zu finden, wie man aus dem Pfund der Gemeinschaft, der Vielfalt und Gaben, die Sie in den Kirchengemeinden aufgebaut haben, wieder relevant und attraktiv für viele Menschen bei uns vor Ort sein kann. Denn: Wir wollen das Evangelium verkünden, so wie es heute geeignet ist, wahrgenommen zu werden.

 

Da wir nicht immer wissen, was jungen Menschen gefällt, also was sie gerne ansehen würden und in welcher Form, bietet sich an, junge Menschen einzubinden. Finden Sie z.B. eine Reihe im Advent oder vor Ostern, zu denen junge Leute mit Freude etwas gestalten, was Sie auf den Gemeindekanälen senden können (Beispiele, wie dies aussehen könnte, finden Sie auf unserem Instagram-Account: ekasur_siegburg. Klicken Sie durch die Posts. Die meisten sind sehr kurz, mit Musik unterlegt. Daran kann man gut sehen, wie junge Menschen mit Bild und Musik anders umgehen als wir wortlastigen Theolog*innen.)

 

 

Was ist unsere Aufgabe als Pfarrpersonen?

 

Wir machen das, wofür wir ordiniert wurden. Wir sind für die öffentliche Verkündigung des Evangeliums zuständig und für die Gemeindeleitung und -aufbau. Sie sollen NICHT lernen, jede Technik zu kennen oder alle digitalen Beiträge selbst zu machen. Das raubt zu viel Zeit und junge Ehrenamtliche machen das besser und lieber.

 

Aufteilung der Aufgaben: Kirchenkreis – Kooperations- oder Fusionsraum – Kirchengemeinde

 

Wer kann was tun? Wer ist für was zuständig?

 

Zunächst eine Aufteilung, wie der Kirchenkreis, der Kooperations- bzw. Fusionsraum und die einzelne Kirchengemeinde zusammenwirken sollten:

 

Der Kirchenkreis ist der „Enabler“. Er hat Personal in der Erwachsenenbildung und Öffentlichkeitsarbeit, die beratend unterstützen können. Sie können Fortbildungen anbieten, die sie brauchen, oder helfen, einen digitalen Newsletter einzurichten.

 

Über hybride Formate können interessante Bildungsangebote gemacht werden, die Sie sonst alle extra organisieren müssten.

Der Kirchenkreis kann wichtige, aber für die einzelne Gemeinde zu teure Geräte, anschaffen, die vor Ort in einem Filmstudio genutzt oder ausgeliehen werden können.

 

Er kann helfen, die richtige Software zu finden für ihre Vorhaben und bei der Installation unterstützen.

 

Im Kooperations- bzw. Fusionsraum findet die eigentliche Planung statt. Hier sollte ein Redaktionsteam zusammengestellt werden. Zu dem gehören auf jeden Fall die Mitarbeitenden in den Gemeinden, also z.B. die Kirchenmusikerinnen und -musiker, Menschen aus dem Gemeindebüro,  der Jugendarbeit usw. Und natürlich Ehrenamtliche, die am Digitalen Spaß haben und sich dort gut auskennen. Und vergessen Sie nicht die Funktionspfarrstellen. Pfarrerinnen und Pfarrer in Schulen haben den direkten Zugang zu jungen Menschen.

 

Dieser Kreis plant, was überhaupt digital geschieht und wer es machen wird und auf welchem digitalen Kanal es gesendet wird.

 

Auf dieser Ebene empfehle ich auch gemeinsam zu überlegen, wen es in den Gemeinden gibt, die man bei digitalen Vorhaben, Problemen und Fragen ansprechen kann. Auf spezielle Fragen im Netz Antwort zu finden, ist oft aussichtslos und zermürbt. Es wäre viel schöner, wenn mir einer aus der Gegend genau zu meinem Problem helfen könnte.

Wenn reihum digitale Gottesdienste gesendet werden sollen, kann gemeinsam die Anschaffung der Beleuchtung, des Live-streaming-Equipment etc. getätigt werden.

 

Und über digitale Apps könnten Sie den Kooperationsraum von der Basis her beleben. Die EKiR bietet z.B. jetzt RocketChat an. Sie können sich hier einen Kanal mit dem Namen des Fusionsraumes anlegen lassen. Alle, auch die ohne ekir-Adresse, können sich hier anmelden. Nach der Selbstregistrierung und Zulassung durch einen Moderator oder Moderatorin, kann man sich auf dem Kanal des Kooperationsraumes austauschen. Dort können wie in der bekannten App „nebenan.de“ Neuigkeiten, Aktionen, Hilfeangebote oder -suche gesendet werden. Sie füllen den Kooperationsraum von der Basis her mit Leben.

 

Wer hier nicht teilnimmt, könnte von Ihnen einen gemeinsamen digitalen Newsletter erhalten anstelle nur von der eigenen Kirchengemeinde.

 

Auf der Kirchengemeinde-Ebene findet das statt, was die Gemeinde auszeichnet: der Kontakt zu den Gemeindegliedern. Das kann niemand anders leisten.

 

Sie selbst sehen viele Menschen, sie erreichen viele über die Ehrenamtlichen oder über ihren Gemeindebrief.

Das ganze Unternehmen hängt daran, ob Sie es schaffen, die Menschen vor Ort auf die digitale Präsenz aufmerksam zu machen.

 

Jede und jeder im Besuchsdienst sollte ein Tablet zu den Besuchen mitnehmen. Dann können sie das Angebot zeigen und direkt sagen: Wenn Sie das haben wollen, helfe ich Ihnen beim Einrichten.

Bei jedem Ihrer Besuche gilt dasselbe.

 

Und jede Gemeinde braucht eine Adressdatei, die genau auflistet, wer wie von der Gemeinde informiert werden will (Im Dokument EKiR 2030 wird angekündigt, dass es hierfür bald eine App geben wird, die mit dem Meldewesen Mewis NT verknüpft ist. Das könnte einiges erleichtern.)

 

 . Dafür brauchen wir natürlich die Zustimmung: über den Gemeindebrief oder eine extra Wurfsendung stellen Sie das Angebot vor. Die Gemeindeglieder sollen sich zurückmelden, was und wie Sie sie informieren dürfen. Nutzen Sie alle Gruppen und die Jugendarbeit, um die Information und die Zustimmung auch z.B. von den Eltern und Großeltern der Kinder einzuholen. Fragen Sie beim Elternabend im Kindergarten: Wer macht mit? Genauso im RepairCafé oder beim Fest der Freiwilligen Feuerwehr oder dem Ruder-Club. Machen Sie eine Besuchsoffensive, eine Kampagne! Daran hängt der Erfolg. Die Menschen müssen das Angebot wahrnehmen – und dafür sollten Sie alle Möglichkeiten der Kommunikation nutzen.

 

Sie kennen selbst oder ihre Aktiven, wer digital fit ist und gern helfen würde und können sie ansprechen. Genauso finden Sie auf der Gemeindeebene am Leichtesten, wer auch aktiv mitgestalten will. 

 

Diese Menschen kommen mit in das Redaktionsteam oder die Digitale-Hilfe-Gruppe.

 

Sie wissen alle aus Ihrer Erfahrung, dass es normalerweise nicht reicht, einfach ein neues Angebot anzukündigen. Wenn Sie also einen interessanten Vortrag der Erwachsenenbildung entdecken und wissen, dass er z.B. für den Frauenkreis interessant ist, können Sie das gemeinsame Ansehen des Vortrags organisieren bzw. anregen. Die Frauen treffen sich gemütlich, sehen den gemeinsam Vortrag an und können sich nach dem Erleben ein Urteil bilden, ob das nicht öfter schön wäre. Der Weg zum Vortrag ist oft weit und beim gemeinsamen Schauen kann man sogar nebenher kommentieren und naschen. Ohne eine erste Anregung dazu wird es aber meist nicht stattfinden.

 

Wir haben in unserem Kirchenkreis positiv erfahren, dass sehr viele vor allem männliche Gemeindeglieder in hohem Maße ehrenamtlich aktiv werden, wenn es um Digitales geht. Vorher gab es wenige attraktive Ehrenämter für sie.

 

Planung im Redationsteam: Wochenpläne und Aufgabenverteilung.

 

Wenn Ihr Redaktionsteam beisammensitzt, werden Sie sich zunächst fragen: Welche Zielgruppen haben wir? Und wo sind diese im Internet unterwegs?

 

Welche Kanäle werden genutzt?

 

Die Online-Studie von ARD und ZDF (https://www.ard-zdf-onlinestudie.de/files/2020/ARD-ZDF-Onlinestudie_2020_Infografik.jpgaus 2020 hilft bei der Übersicht, wie viele Menschen auf den digitalen Kanälen unterwegs sind:

 

94% der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren sind 2020 online.

 

72% ab 14 Jahren nutzen 2020 täglich das Internet.

 

Die jungen Erwachsenen in der Berufsschule meinten, dass eine App zählt, wie viele Stunden sie pro Woche aktiv sind im Netz. Da kommen bei einigen 40 Stunden zusammen!

 

Angesehen werden vor allem Bild und Musik. Texte werden kaum wahrgenommen.

 

Wenn Sie junge Menschen erreichen möchten, sieht man hier deutlich, welche Kanäle dafür geeignet sind. YouTube auf jeden Fall. Zusätzlich vor allem Instagram, aber auch Facebook und Snapchat.

 

„Silver Surfer“

 

Ich habe mit Erschrecken von Professorin Dr. Ilona Nord, die zur Forschungsgruppe der  Contoc-Studie (https://www.ard-zdf-onlinestudie.de/files/2020/ARD-ZDF-Onlinestudie_2020_Infografik.jpggehört, erfahren, dass den älteren Gemeindemitgliedern kaum etwas im digitalen Bereich zugetraut wird. Es gab kaum Angebote für sie in der Lockdown-Zeit. Dagegen spricht, dass sie die größte Wachstumsgruppe auf Facebook sind. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass auch ältere Ehrenamtliche digitale Erzählcafés starten und sogar ganz besonders an digitalen News und Übertragungen interessiert sind. Einige verstehen in Zoom-Gruppen mehr als vor Ort oder sind froh, nicht am Abend noch unterwegs sein zu müssen.

 

Sie machen sich also im Redaktionsteam Gedanken:

 

Welche Zielgruppen wollen wir erreichen?

Was können wir denn senden?

Was interessiert?

Welche Formate, sogar Wiederkehrende, Erkennbare, senden wir?

Wer kann das und macht das?

 

Was gesendet wird, muss den Kriterien genügen:

 

Es muss attraktiv, relevant und glaubwürdig sein.

Es muss eine emotionale Bindung herstellen.

Es darf nicht zu komplex sein.

Wenn möglich, sollte es interaktiv sein. Dafür sind wir prädestiniert! Unsere evangelische Bildungsarbeit will und soll Menschen zu eigenem Denken anregen, dass sie ihren eigenen Standpunkt finden. Das können wir!

Die Bilder müssen qualitativ hochwertig sein: „Das Bild hat das Wort“ (Zitat von Elke Rudloff, in: Aus der Praxis. Für die Praxis. 2021.4, S. 12.) .

 

Daraus entstehen Wochenpläne: was wird wann gesendet und wer macht es?

 

D.h. jede und jeder weiß, wann er oder sie dran ist.

 

Um die Aufgabe ernst zu nehmen und zu verankern, empfehle ich, die Dienstanweisungen von den Mitarbeitenden entsprechend zu ändern.

 

Dasselbe gilt für die Dienstvereinbarungen der Personen aus dem Pfarrteam, die digitale Aufgaben übernehmen. Auch in ihnen sollten entsprechend die neuen Aufgaben hinzugefügt werden. Dafür muss selbstverständlich etwas anderes gestrichen werden.

 

Es lohnt sich, eine oder einen Social-Media-Expert*in für den ersten Wochenplan zu engagieren.

 

Wichtig ist, dass die Aufgaben reihum verteilt werden. Z.B. können sich die Kirchenmusiker*innen oder Jugendmitarbeitende aus den Kirchengemeinden reihum abwechseln.

 

Ein fiktiver Wochenplan für Instagram könnte so aussehen:

 

Montags kommt aus dem Frauenkreis ein Gebet oder Segen.

 

Dienstags meldet sich ihr Gemeindebüro mit den Infos, was alles in den Kirchengemeinden des Kooperationsraums und der Ev. Erwachsenenbildung läuft etc.

 

Mittwochs kommentiert eine oder einer aus dem Pfarrteam etwas Aktuelles. Wie oft machen wir uns zu Zeitungs- oder Radionachrichten oder zu einem Werbeplakat Gedanken aus theologischer Sicht. Hier kann es gepostet werden. Oder Sie haben mit Ihren Konfirmandinnen und Konfirmanden etwas Spannendes, Bildhaftes gestaltet.

 

Donnerstag: Weil unsere Hilfeangebote, unser soziales Engagement sehr wichtig sind für die Kirchenmitglieder, würde ich auf jeden Fall auf verschiedene Bereiche die Beiträge für einen Tag verteilen. Was passiert in der Diakonie, was in der KiTa, was treibt den Männerkreis gerade um?

 

Freitag: Dass junge Menschen bei uns Werte vermittelt bekommen und gut aufgehoben sind, sollte auch auf jeden Fall bunt gesendet werden. Die Jugendlichen sind prädestiniert für die Inhalte auf sozialen Medien. Verteilen Sie auf die Jugendleiterinnen und Jugendleiter der verschiedenen Kirchengemeinden die Tage im Monat. Sie können live-Sendungen organisieren oder auch über eine Freizeit oder die Juleica-Ausbildung berichten. Oder junge Menschen porträtieren, die sich engagieren.

 

Samstag: Musik ist für soziale Medien perfekt: also sollten die Menschen in der Kirchenmusik reihum samstags senden.

Und sonntags dann ein kurzer Impuls zu den Gedanken, die Sie oder ein Kollege/ Kollegin sich zur Predigt gemacht haben.

 

Aber natürlich mit viel Bild und kaum Text.

 

Tipps und Tricks

 

In den Instagram-Posts auf ekasur_siegburg finden Sie Beispiele:

 

- Impulse, die zum Nachdenken anregen,

- Spaß-Clips,

- unsere Superintendentin, die kurz und prägnant vor den christlichen Feiertagen oder Events wie Kirchentag spricht,

- Meditations- und spirituelle Angebote,

- Kurz-Clips aus der Schwangerschafts- und Konfliktberatung, die durch die Kooperation mit den Jugendkanälen ihre Zielgruppe besser erreichen kann,

- Interviews mit Engagierten, z.B. in der Jugendarbeit,

- Aufforderungen zum Mitmachen,

- und Beiträge von unserem Projekt „Singfinger“. Wir unterstützten eine Filmemacherin, damit sie Kinderlieder mit Gebärden filmen konnte. Diese Filme durften wir dann auch auf unseren Kanälen zeigen.

 

Tipp zum Filmemachen:

 

Selbst kleine Filme aufnehmen und sie zu bearbeiten ist sehr zeitintensiv. Das sollte man sich gut vorher überlegen. Es lohnt sich sehr, wenn z.B. dadurch der Bekanntheitsgrad enorm vergrößert wird. Gibt es bei Ihnen z.B. Jugendliche, die bei Fridays for Future dabei sind? Oder Senioren und Seniorinnen bei Großeltern for Future? Wenn die in ihrem Netzwerk den Clip verteilen, haben Sie sich viel Werbung gespart.

 

Es gibt sehr viele Hilfemöglichkeiten:

 

Z.B. Apps, die bei der Gestaltung helfen: Canva.com macht Instagram-Posts ästhetisch und einfach in der Herstellung.

Unsere Seite Kirche digital: https://www.evangelische-erwachsenenbildung.de/startseite/digitale-kirche/ Hier haben wir aus den unzähligen Hilfeseiten anderer Landeskirchen oder der EKD gute Hilfen aufgeführt und geordnet. Sie können dort z.B. unter der Rubrik Live-Streaming gute Hilfestellungen finden. Anderes haben wir selbst produziert. Z.B. finden Sie für Menschen, die sich sehr schwer tun mit dem Digitalen, kinderleichte, fröhliche Comic-Clips, wie man an Zoom teilnimmt.

Fortbildungen: Kirche kommuniziert, Stabsstelle EKD, kirchejetzt.de.

 

Schöne Angebote im Netz sind z.B.:

 

- Digitale Gebetszeiten auf Twitter Twomplet – gemeinsames Gebetteilen im Chat

- Es gibt die Jugend-Chat-Seelsorge in der Nordkirche

- Chat-Seelsorge von uns mit der Hannoverschen Landeskirche für Erwachsene

- Meditationen aus dem Haus der Stille

 

Wie oben ausgeführt, sollten Sie sich die Chatfunktion für Ihren Kooperations- oder Fusionsraum überlegen, z.B. den RocketChat der EKiR. Ansprechpartner ist Herr René Rausch.

 

Was ich auch empfehle, ist der Besuch auf https://yeet.evangelisch.de/. Hier werden christliche Influencerinnen und Influencer vorgestellt. Wenn Sie hier die erfolgreichen Posts ansehen, kommen Ihnen vielleicht auch Ideen, ob bei Ihnen in der Kirchengemeinde jemand ist, der oder die ein „Gesicht“ mit regelmäßigen Posts werden könnte. Die Menschen, die es abonnieren, wollen ein wenig am Leben der Person teilhaben. Durch wohldosierte Nachrichten aus dem persönlichen Alltag, gemischt mit nachdenkenswerten Impulsen entsteht eine emotionale Bindung.

 

Ausprobieren!

 

Ich will Ihnen Mut machen zum Ausprobieren bzw. zum Ausprobieren-lassen. Man muss einfach probieren, was ankommt. Und auch wieder lassen, was nicht wahrgenommen wird.

 

Es hat sich z.B. gezeigt, dass auch christliche Meditationsangebote im Netz funktionieren. Eigentlich nur als Corona-Lösung gedacht, will das Haus der Stille es jetzt wegen Erfolg weiterführen.

 

Wenn Sie junge Menschen finden, die mitmachen wollen, werden diese selbst Ideen mitbringen: Musiksessions, Gebete-Slam, Erzähl-Café, Talk.

 

Und Ihr Beitrag?

 

Verkündigung des Evangeliums

 

Wie gesagt: nicht allein.

 

Und sie können all ihre Kontakte pro Woche nutzen, um Mitwirkende und künftige Abonnentinnen und Abonnenten zu finden.

 

Und Sie können die Arbeit, die Sie sowieso machen, wie den Konfi-Unterricht, dazu nutzen, z.B. Instagram-Posts herzustellen.

 

Verteilen Sie die Arbeit an Mitarbeitende.

 

Das Digitale transformiert unsere Gesellschaft. Jetzt sind wir im Übergang, viele Menschen sind noch keine „digital Natives“. Aber wir sind dafür da, ein paar Jahre im Voraus zu denken, wohin die Kirche gehen müsste, um gehört zu werden.

 

Was wäre gewesen, wenn Luther den Buchdruck nicht als das transformierende Ereignis erfasst hätte, das es war? Und es nicht genutzt hätte?

 

Der Mensch und die Kirche sind immer im Werden, nicht im Bleiben.

 

Birgit Rößle-König 
ist Pfarrerin für „Digitale Kirche“ im Kirchenkreis An Sieg und Rhein. Vorher hat sie zwölf Jahre für Stiftungen gearbeitet.